Veranstaltung: | Landesmitgliederversammlung Limburg 2015 |
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Tagesordnungspunkt: | 6. Anträge |
Antragsteller*in: | Vorstand der Grünen Jugend Hessen |
Status: | Zurückgezogen |
Eingereicht: | 07.09.2015, 20:06 |
6.6: Humanität leben - Winterabschiebestopp durchsetzen!
Die Landesmitgliederversammlung möge beschließen:
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Hessen setzen sich dafür ein, gemäß §60a Absatz 1 Aufenthaltsgesetz
anzuordnen, dass Abschiebungen von ethnischen Minderheiten in die Staaten Albanien, Armenien,
Aserbaidschan, Kosovo, Mazedonien, Russische Föderation, Serbien, Türkei, Bosnien-Herzegowina,
Montenegro, von Personen, die aus den Staaten Pakistan, Ukraine, Afghanistan, Irak, Iran und
Syrien stammen sowie von Personen, die nach EU-Aufnahmerichtlinie (2013/33/EU) Art. 21
besonders schutzbedürftig sind, im kommenden Winter ausgesetzt werden.
Diese Regelung soll ab dem 01. November 2015 bis einschließlich 31. März 2016 in Kraft treten
sowie für alle kommenden Winter praktiziert werden.
Nur durch einen Abschiebestopp und einer humanitär begründeten Aufnahme kann sichergestellt
werden, dass Menschen vor einer die Lebensexistenz bedrohenden Diskriminierung geschützt
werden. Eine Abschiebung bzw. Rückführung widerspricht hingegen den internationalen
Vereinbarungen zum Schutz von Flüchtlingen.
Wir wollen, dass Hessen für eine moderne und humanitäre Flüchtlingspolitik steht und den
Begriff Willkommenskultur auch von staatlicher Seite mit Leben füllt.
Begründung
Das Flüchtlingshilfswerk der Vereinten Nationen zählte 2014 die höchste Anzahl an Flüchtlingen seit dem 2. Weltkrieg. Schuld daran sind Bürgerkriege und bewaffnete Konflikte, Unterdrückung von ethnischen Minderheiten, Rassismus und politische Verfolgung sowie wirtschaftliche Not und Armut. An vielen diesen Fluchtgründen trägt Europa seine Mitschuld. Die Unterstützung und Stabilisierung von Regimen, der Export von Waffen in instabile Regionen, die Ausbeutung von Menschen und Ressourcen sowie das Auslösen des Klimawandels, sind Gründe für die Verantwortung der EU gegenüber den Heimatvertriebenen. Auch Deutschland und Hessen haben einen Teil dieser Verantwortung, z.B. durch den in Kassel ansässigen Waffenproduzenten Krauss-Maffei Wegmann.
Daher ist es richtig und wichtig, dass Hessen und die Kommunen die Menschen, die ihre Heimat aufgeben mussten, mit offenen Armen willkommen heißen. Diese vielerorts praktizierte Willkommenskultur darf nicht durch die Unterteilung in „Asylberechtigte“ und „Wirtschaftsflüchtlinge“ zerstört werden. Letztere werden nach geltendem Asylrecht in ihr Herkunftsland wieder abgeschoben.
Auch Menschen ohne nach deutschem Recht gültigen Asylgrund sind Flüchtlinge, die ihre Heimat aufgegeben haben. Eine Abschiebung, gerade in den Wintermonaten, stellt die Vertriebenen daher vor unlösbare Aufgaben. Besonders betroffen sind dabei ethnische Gruppen wie Roma, Ashaki oder Goranen, welche auf dem Balkan einem strukturellen Rassismus der Gesellschaft ausgesetzt sind. Ohne Zugang zu Arbeit, Wohnraum, Krankenversicherung oder Schulbildung stehen sie in ihrem Herkunftsland vor dem Nichts. In den Wintermonaten verschärft sich diese Situation noch einmal dramatisch. Sie in dieser Zeit zurück in eine lebensbedrohliche Situation zu schicken, ist aus humanitären Gründen nicht zu verantworten.
Im letzten Jahr konnte sich die hessische Landesregierung nicht zu einem formellen Winterabschiebestopp, wie es das Aufenthaltsgesetz für die Bundesländer ermöglicht, durchringen. Stattdessen setzten die GRÜNEN mit ihrem Koalitionspartner eine strikte Einzelfallprüfung der Abschiebegründe in der kalten Jahreszeit um. Diese ist jedoch immer noch abhängig von den lokal handelnden Personen und bietet keine Rechtsicherheit für die Betroffenen. Die Bundesländer Schleswig-Holstein und Thüringen machten hingegen von der Regelung Gebrauch und verhängten einen Winterabschiebestopp. Hessen sollte sich diesem Beispiel anschließen.