Veranstaltung: | Landesmitgliederversammlung Limburg 2015 |
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Tagesordnungspunkt: | 6. Anträge |
Antragsteller*in: | LAG Migration Flucht und Integration |
Status: | Angenommen |
Eingereicht: | 15.09.2015, 09:55 |
6.20: Berücksichtigung der Belange von Frauen und Mädchen in Flüchtlingsunterkünften
Die Landesmitgliederversammlung möge beschließen:
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Hessen setzen sich dafür ein, Erstaufnahmeeinrichtungen und
Gemeinschaftsunterkünfte an den Bedürfnissen von allein reisenden Frauen und Mädchen sowie
Müttern mit Kindern auszurichten. Wir sehen die aktuelle Notlage. Trotzdem müssen
geschlechterspezifische Anforderungen an Unterbringung und Versorgung schnellstmöglich
eingehalten werden. Wir setzen uns dafür ein, dass im Umgang mit Geflüchteten insgesamt
geschlechterspezifische und kultursensible Belange stärkere Beachtung finden.
Dies bedeutet beispielsweise konkret, jedoch ohne Anspruch auf Vollständigkeit:
- In Erstaufnahmeeinrichtungen, auch in den vielen Außenstellen, müssen Frauen und Kinder
so untergebracht werden, dass sie vor sexualisierter Gewalt geschützt sind
- Dass es abschließbare und geschlechtergetrennte Sanitäreinrichtungen gibt
- Ein Gewaltschutzkonzept muss etabliert werden, das Zuständigkeiten und
Verantwortlichkeiten benennt und Wege beschreibt, um Frauen/Kinder nach Gewalterfahrung
in Sicherheit zu bringen.
- Allein reisende Frauen und Mädchen sowie Mütter mit Kindern werden nicht isolierten
Standorten zugewiesen
- Unterkünfte mit allein reisenden Frauen und Mädchen sowie Müttern mit Kindern benötigen
ausreichend Frauen- und Kindgerechte Räume
- Sind Frauen stark gefährdet, müssen sie die Möglichkeit haben, mit ihren Kindern
kurzfristig und niedrigschwellig in andere Flüchtlingsunterkünfte umzuziehen
- Das Personal wird in Bezug auf die besonderen Belange sensibilisiert
- Es wird schnell eine psychosoziale Beratungen (und im folgenden Traumatherapie)
ermöglicht, um auf der Flucht gemachte Gewalterfahrungen aufzuarbeiten
- Dolmetscherinnen und Dolmetscher werden geschlechterspezifisch ausgewählt
- Die geschlechterspezifische medizinische Versorgung für geflüchtete Frauen ist darauf
ausgereichtet Folgen sexueller Gewalt zu lindern
- Die Unterbringung und Betreuungsangebote für unbegleitete minderjährige Mädchen sind
geschlechtersensibel aufzustellen
Begründung
Frauen und Mädchen fliehen vor (u. a. geschlechtsspezifischer) Gewalt, Krieg, Hunger und aus Not in ihren Herkunftsländern. Für viele von ihnen ist der Fluchtweg besonders gefährlich. Gewalt und Vergewaltigungen auf der Flucht sind keine Seltenheit. Obwohl Frauen und Mädchen unter den in Deutschland ankommenden Geflüchteten eine Minderheit sind, brauchen sie dennoch besonderen Schutz.
In Deutschland/Hessen angekommen, sind Frauen und Mädchen in den Erstaufnahmeeinrichtungen und Gemeinschaftsunterkünften oft nicht ausreichend geschützt. Dies ist vor allem auf überlastete Unterkünfte, isolierte Standorte und fehlendes Personal zurückzuführen. Es mangelt an dezidierten Frauenräumen sowie getrennten und abschließbaren Sanitäreinrichtungen. Überlastete Unterkünfte sind in jüngster Zeit vermehrt zu neuen Orten der Gewalt, besonders gegen Frauen und Kinder, geworden. Unter anderem auch die Erstaufnahmeeinrichtung in Gießen. Den geflüchteten Frauen fehlen jegliche Möglichkeiten, dieser neuen Gefahrenlage zu entkommen und wirkliche Schutzorte zu finden. Hinzu kommen die besonderen Belange von schwangeren Frauen und Müttern mit Kindern, welche besonderen Schutz verlangen und spezifische Anforderungen an die Unterbringung und medizinische Versorgung stellen. Unter den in Hessen aufgenommenen unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen sind auch Mädchen. Sie brauchen besondere psychosoziale Begleitung und Schutz vor Menschenhandel und Prostitution.
Die Unterbringung von allein reisenden Frauen und Mädchen, schwangeren Frauen und Müttern mit Kindern muss daher klaren Anforderungen folgen, die bei der Zuweisung in eine Unterkunft in Hessen von vornherein berücksichtigt werden müssen. Weiterhin sollte bei der Schaffung neuer Unterbringungsmöglichkeiten bzw. der Gestaltung bereits vorhandener Unterkünfte auf die Interkulturellen und interreligiösen Belange eingegangen werden.