Veranstaltung: | Digitale Landesmitgliederversammlung |
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Tagesordnungspunkt: | 7. Anträge (ehemals Top 6, entsprechend Anträge 6.1, 6.2, usw) |
Antragsteller*in: | Gerhard Keller (Stadtverband Gießen) |
Status: | Eingereicht |
Eingereicht: | 22.10.2020, 20:42 |
6.8: Moratorium A 49 oder Koalitionsende
Die Landesmitgliederversammlung möge beschließen:
Die Landesversammlung möge beschließen, die Koalition mit der CDU zu beenden, falls ein
schneller Rodungs - und Räumungsstopp im Maulbacher Wald, dem Herrenwald und dem Dannenröder
Wald nicht erreicht werden kann.
Begründung
Die gegenwärtige Position von Landesvorstand, Landtagsfraktion und den grünen Kabinettsmitgliedern fügt nicht nur der Landespartei, sondern zunehmend auch der Bundespartei schweren Schaden zu. Es ist grünen Wählern schlicht nicht zu vermitteln, dass man als Regierungspartei hilft, eine Autobahn durch einen intakten Wald zu bauen. Hinzu kommt, dass bei der Räumung und Rodung die Pressefreiheit mehrfach stark eingeschränkt wurde. Es ist zu erwarten, dass sich dies fortsetzen wird.
Ein Landesminister kann bei einer Bundesauftragsverwaltung gegen die Vollziehung eines rechtsgültigen Planfeststellungsbeschlusses protestieren. In einem solchen Fall wäre der Minister Al-Wazir erst nach einer Weisung durch den Bund zur Vollziehung verpflichtet.
Es gab einmal eine Zeit in Hessen, als sich ein grüner Umweltminister, Joschka Fischer, geweigert hat, bestimmte Beschlüsse zur Atompolitik auszuführen. Die Bundesregierung musste ihn damals daraufhin anweisen. Die Grünen haben dadurch ihre Position klar zum Ausdruck gebracht. Und das Thema hatte durch das Vorgehen Fischers einen viel höheren Stellenwert, nicht nur regional, sondern bundesweit. Eine solche Haltung ist bei Tarek Al Wazir nicht zu erkennen.
Joschka Fischer hat wegen der Atompolitik das Ende von Rot-Grün in Hessen 1987 provoziert. Bei den darauf folgenden Neuwahlen haben die Grünen 3,5% zugelegt. Wegen der Schwäche der SPD kam es zu einer CDU - FDP - Regierung in Hessen.
In unserem Koalitionsvertrag mit der CDU steht, dass die A 49 fertiggestellt werden soll. Und diesem Koavertrag haben die Grünen mit ganz großer Mehrheit zugestimmt. Das war 2018. Und 2018 war das Jahr, in dem Greta mit ihrer unglaublich wichtigen Kampagne angefangen hat. Eine ganze Generation politisiert sich, Fridays for Future haben sich organisiert, der Klimakollaps hat zumindest zeitweise endlich den Stellenwert bekommen, der angemessen ist.
Aber über Klimkollaps reden und Autobahnbauten in einem Koavertrag zustimmen, passt absolut nicht zusammen. Und dann auch noch deswegen einen Wald abhacken, der zu den wenigen Wäldern in Deutschland gehört, der noch einigermaßen gesund ist, ist schon ziemlich absurd.
Die Geschäftsgrundlage, die politischen Realitäten, haben sich seit 2018 grundlegend verändert. Und das will unsere Parteiführung offenbar nicht realisieren.
Wir halten es politisch für reifer, einzugestehen, dass die Grünen 2018 einen schweren Fehler begangen haben, indem sie dem Weiterbau der A 49 zugestimmt haben. Viele haben bei ihrer Zustimmung darauf gehofft, dass nicht genügend Geld im Bundeshaushalt für die A 49 vorhanden ist.
Wenn die Grünen in der Landesregierung kein Ende des Polizeieinsatzes durchsetzen können, müssen sie zurücktreten. Ein solcher Rücktritt würde uns viel bringen: Respekt, Glaubwürdigkeit, viele Wähler*innen würden es begrüßen; Politiker*innen die für etwas glaubwürdig einstehen.
Und, was wir genauso wichtig finden: Greta und die Klimagerechtigkeitsbewegung sagen zu Recht, dass wir einen Notstand haben, vergleichbar mit Corona. Eine Politik, die weiterhin "business as usual betreibt" (wie Landesvorstand, Fraktion und Minister), ignoriert dies. Und deswegen wäre ein Rücktritt der grünen Minister im Hessischen Kabinett genau das richtige Signal. Die Grünen / Hessen machen nicht mehr Politik nach dem Motto "business as usual". Dieser Rücktritt hätte nicht nur bundesweite Bedeutung. Gerade wenn sich unser Hessischer Landesverband, der ja nun wirklich für Koalitionstreue und staatsbürgerliche Verantwortung steht, wenn sich dieser Landesverband zu diesem Schritt entschließen würde, würde das nicht nur den Widerstand gegen die A 49 extrem stärken, sondern die gesamte Klimagerechtigkeitsbewegung.
Wenn die Grünen, wie bisher, einen Eiertanz vollführen, indem sie sagen, dass sie schon immer gegen die A 49 gekämpft haben, dass man jetzt aber leider nichts mehr machen könne, wird uns das unendlich schaden.
Nicht der Satz "wir haben die A 49 nie gewollt" (Tarek Al Wazir) ist jetzt angesagt, sondern "wir halten die A 49 für ökologisch nicht mehr vertretbar".
Die Bundestagswahl wird im Herbst 2021 stattfinden.
Und das hat Carola Rackete in ihrem Interview mit der taz gesagt: "Na ja, selbst wenn die Trasse gerodet ist, steht da noch keine Autobahn. (...) Ich denke, die Baustelle wird massiv blockiert werden. Sie wird der Schauplatz für die Verkehrswende sein." Die Bauzeit wird von der DEGES auf vier Jahre veranschlagt. Wir werden also einen Bundestagswahlkampf haben, in dem wir täglich mit Blockaden bzw. Störungen der Bauarbeiten für die A 49 konfrontiert sein werden. Wir werden sehr viele Wähler nicht nur aus der jungen Generation und den Naturschutzverbänden verlieren, wenn wir den Eiertanz weiterhin fortsetzen.
Unterstützer*innen
- Gerhard Born (Stadtverband Lollar)
- Stephan Kannwischer (Ortsverband Hungen)
- Michel Köhler (Ortsverband Laubach)
- Walter Bien (Stadtverband Kassel)