Veranstaltung: | Landesmitgliederversammlung Limburg 2015 |
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Tagesordnungspunkt: | 6. Anträge |
Antragsteller*in: | Christoph Gaa (Darmstadt-Dieburg) |
Status: | Eingereicht |
Eingereicht: | 14.09.2015, 00:31 |
6.11: Informelle Selbstbestimmung schützen, Vorratsdatenspeicherung stoppen!
Die Landesmitgliederversammlung möge beschließen:
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN in Hessen sagen klar und deutlich Nein zur Wiedereinführung der
Vorratsdatenspeicherung.
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN in Hessen lehnen Gesetze zur Einführung der Vorratsdatenspeicherung bei
Zustimmungspflicht im Bundesrat ab.
Begründung
Die Große Koalition aus CDU/CSU und SPD im Bund hat einen Entwurf zur Vorratsdatenspeicherung vorgelegt, der von Presse, öffentlich rechtl. Rundfunk und einem breiten Bündnis von Journalisten und Organisationen abgelehnt wird. Selbst der Wissenschaftliche Dienst des Bundestages hat verfassungsrechtliche Lücken in dem Gesetzesentwurf aufgezeigt. Die Mehrheit der Deutschen ist nach einer Umfrage gegen die Vorratsdatenspeicherung.
Konkret sieht der Gesetzentwurf vor: Vier Wochen volle Kontrolle über jeden Schritt, der mit dem Smartphone in der Tasche gegangen wird. Zehn Wochen lang kann nachvollzogen werden wann man was im Internet getan hat oder mit wem man von unterwegs telefoniert hat. Vertrauliche Telefonate mit Ärzt*innen, Seelsorger*innen oder Anwält*innen werden umfänglich nachvollziehbar.
Eine freiheitliche Demokratie ist mit diesem Vorschlag zur anlasslosen und massenhaften Vorratsdatenspeicherung nicht vereinbar. Wichtige rechtsstaatliche Errungenschaften sollen mit einem Federstreich durch die schwarz-rote Koalition abgeschafft werden: Die Unschuldsvermutung wird umgekehrt, die informationelle Selbstbestimmung wird massiv eingeschränkt, Schutz von Berufsgeheimnisträger*innen wird ad absurdum geführt, die Pressefreiheit wird beschnitten und Tausende Unternehmen werden unnötig belastet. Der Gesetzentwurf ist eine Kampfansage an unsere Grundrechte.
Seit über zehn Jahren streiten wir Grüne auf allen Ebenen mit allen politischen und rechtlichen Mitteln in einem breiten Bündnis mit Aktivist*innen und NGOs gegen die Vorratsdatenspeicherung. Dem Etikettenschwindel von Justizminister Heiko Maas, der die Vorratsdatenspeicherung kurzerhand in Speicherpflicht umtaufte, sitzen wir nicht auf. Der umfassende Grundrechtseingriff ist die generelle Verpflichtung zur anlasslosen Speicherung aller Kommunikationsverkehrsdaten. Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts und allen voran des Europäischen Gerichtshofs zur Vorratsdatenspeicherung, werden völlig unzureichend in dem Gesetzentwurf berücksichtigt, denn die Anlasslosigkeit der Speicherung bleibt bestehen und der effektive Schutz von Berufsgeheimnisträger*innen findet nicht statt. Zudem wird mit der Vorratsdatenspeicherung ein weiteres Datensicherheitsrisiko geschaffen, da sich unbefugte Stellen oder auch Kriminelle Zugang zu den gespeicherten Verkehrsdaten von Dutzenden Millionen Bürger*innen verschaffen können. Die derzeitigen Geheimdienst-Enthüllungen machen deutlich, wie allumfassend der Datenhunger von Geheimdiensten ist und wie weit der Kontrollverlust über die deutschen Nachrichtendienste bereits fortgeschritten ist. Die Bundesregierung stellt mit ihrem Gesetzentwurf erneut unter Beweis, dass sie nicht willens ist, die überfälligen bürgerrechtlichen Konsequenzen aus diesen Skandalen zu ziehen. Statt Bürgerrechte zu stärken, werden sie immer weiter abgebaut.
Wir GRÜNE in Hessen sagen klar und deutlich Nein zur Wiedereinführung der Vorratsdatenspeicherung.
Wir GRÜNE streiten stattdessen für rechtsstaatskonforme, effektive und grundrechtsschonende Instrumente der Strafverfolgung und Prävention. Statt einer allumfassenden Vorratsdatenspeicherung, die alle Menschen in unserem Land unter Generalverdacht stellt, streiten wir für eine anlassbezogene Speicherung von Telekommunikationsverkehrsdaten, z.B. nach dem „Quick-Freeze“-Ansatz. Dies muss einhergehen mit einer personell und technisch gut ausgestatteten Polizei, damit eine effektive Polizeiarbeit gewährleistet werden kann.
Für uns GRÜNE in Hessen ist klar: Vorratsdatenspeicherung, nein danke!
Wir GRÜNEN in Hessen lehnen Gesetze zur Einführung der Vorratsdatenspeicherung bei Zustimmungspflicht im Bundesrat ab.
Weitere Begründung erfolgt mündlich.
Unterstützer*innen
- Vera Baier (KV Darmstadt-Dieburg)
- Friedrich Battenberg (KV Darmstadt-Dieburg)
- Renate Battenberg (KV Darmstadt-Dieburg)
- Jörg Lüdemann (KV Darmstadt-Dieburg)
- Erich Pawlik (KV Hochtaunus)
- Bjön Canders (KV Frankfurt)
- Sabine Crook (KV Darmstadt)
- Stefan Opitz (KV Darmstadt)
- Jan Schierkolk (KV Frankfurt)
- Ulrich Chilian (KV Wiesbaden)
- Günter Linke (KV Rheingau-Taunus)
- Wolfram Bartussek (KV Darmstadt)
Änderungsanträge
- ÄA 6.11-1 (Eva Goldbach (KV Vogelsberg), Übernahme)