Veranstaltung: | Digitale Landesmitgliederversammlung |
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Tagesordnungspunkt: | 7. Anträge (ehemals Top 6, entsprechend Anträge 6.1, 6.2, usw) |
Antragsteller*in: | LAG GewerkschaftsGrün (dort beschlossen am: 13.10.2020) |
Status: | Eingereicht |
Eingereicht: | 16.10.2020, 08:39 |
6.2: Ein zeitgemäßes Tariftreue- und Vergabegesetz (HVTG) trägt zur sozial-ökologischen Transformation bei
Die Landesmitgliederversammlung möge beschließen:
Wir GRÜNEN wollen die sozial-ökologische Transformation unseres Wirtschaftens auch auf
Landesebene aktiv mitgestalten. Eines der wichtigsten Instrumente für eine soziale, nachhaltige
und geschlechtergerechte Wirtschafts- und Arbeitsmarktpolitik stellt für uns ein zeitgemäßes
Vergabe- und Tariftreuegesetz (HVTG) dar.
„Die Vergabe öffentlicher Aufträge ist ein starker Wirtschaftsfaktor“, heißt es im hessischen
Koalitionsvertrag von CDU und B’90/DIE GRÜNEN. Das enorme Auftragsvolumen der öffentlichen
Hand, im Vergleich zu den privaten Auftraggeber*innen, macht an dieser Stelle deutlich, wie
essenziell ein zeitgemäßes HVTG zur Durchsetzung und Verbesserung von sozial-ökologischen
Standards innerhalb unseres Wirtschaftssystems ist. Daraus erwächst für uns GRÜNE die
Verpflichtung, mit öffentlichen Geldern verantwortungsvoll im Sinne einer nachhaltigen Politik
zu agieren, bei der der Mensch und seine Umwelt im Zentrum unseres Handelns stehen.
Wir GRÜNEN sehen in der Novellierung des HVTG die Chance, als Staat aktiv an der sozial-
ökologischen Transformation teilzunehmen und diese zu gestalten sowie einem nachhaltigen Umgang
mit öffentlichen Mitteln und einem fairen Wettbewerb der Auftragnehmer*innen. Unser Ziel ist
es, dass es kein Wettbewerbsvorteil ist, wenn Auftragnehmer*innen beispielsweise geringe Löhne
zahlen oder zu Lasten der Umwelt wirtschaften. Wir wollen die Unternehmen stärken, die ihrer
sozialen und ökologischen Verantwortung gerecht werden.
Mit dem Hessischen Vergabe- und Tariftreuegesetz von 2014 haben wir in Hessen die Möglichkeit
geschaffen, dass bei der Vergabe öffentlicher Aufträge freiwillig soziale und ökologische
Kriterien berücksichtigt werden. 2014 war dies ein großer Fortschritt. Doch Klimakrise und die
sozialen Herausforderungen unserer Zeit erfordern, dass wir in bestimmten Punkten konkreter
werden und Rahmenbedingungen festlegen, die unseren grünen Zielen entsprechen.
Andere Bundesländer unter Grüner Regierungsbeteiligung (u. a. Brandenburg, Bremen, Berlin und
Thüringen) haben mit neuen Vergabe- und Tariftreuegesetzen bereits vorgemacht, was möglich ist,
und sind Vorbild für ein zeitgemäßes HVTG.
Für uns GRÜNE beinhaltet ein zeitgemäßes HVTG daher:
Vergabekriterien nutzen: Das bisherige HVTG verpflichtet bei Beschaffungen des Landes die
Aspekte einer nachhaltigen Entwicklung zu berücksichtigen. Weiteren öffentlichen
Auftraggeber*innen steht es frei, soziale, ökologische, umweltbezogene und innovative
Anforderungen zu berücksichtigen. In der Praxis können diese Kriterien aktuell somit
unberücksichtigt bleiben. Wir streben an, dass öffentliche Auftraggeber*innen geeignete
und angemessene soziale, ökologische, umweltbezogene und innovative sowie
geschlechtergerechte Anforderungen stärker berücksichtigen. Durch Qualifikation und
Beratung wollen ihr die Kommunen in die Lage versetzen, die Berücksichtigung der o.g.
Kriterien auch anzuwenden.
Faire Bezahlung: Wie seit Sommer 2020 rechtlich möglich, schreiben wir die allgemeine
Wirksamkeit von Tarifverträgen bei Vergaben vor. Damit tragen wir auch zum Ziel des
Koalitionsvertrages bei, die Sozialpartner*innen dabei zu unterstützen, der sinkenden
Zahl der Flächentarifverträge entgegenzuwirken, um sie als wichtiges Instrument der
sozialen Marktwirtschaft wieder zu steigern. Equal Pay muss dabei eine
selbstverständliche Voraussetzung für eine Vergabe sein.
Gute Arbeitsbedingungen: Die ILO-Kernarbeitsnormen stellen den internationalen
Mindeststandard für Arbeitsbedingungen dar. Vergabestellen müssen auf die Einhaltung
hinwirken.
Mittelstandsfreundlichkeit und Abbau von Bürokratie: Die Einführung höherer sozialer und
ökologischer Standards gestalten wir mittelstandsfreundlich. Beispielsweise kann die
Vorlage umfangreicher Unterlagen (wie Unbedenklichkeitsbescheinigungen, Eigenerklärungen
usw.) durch Präqualifikationsnachweise oder ein Akkreditierungswesen ersetzt werden.
Dabei wollen wir auch die Chancen der Digitalisierung nutzen. Auch wollen wir Teile der
Wirtschaftsförderung dahingehend auslegen, dass Klein- und Mittelständische Betriebe
zukünftig noch besser in die Lage versetzt werden, die o. g. Kriterien zu erfüllen.
Kontrolle: Seine Wirksamkeit können die Regelungen des HVTG nur voll entfalten, wenn die
effektive und effiziente Kontrolle möglich ist. Die Kontrolle soll im Sinne einer
Mittelstandsfreundlichkeit nicht zulasten der Auftragnehmer*innen oder der Vergabestellen
gehen. Stattdessen soll geprüft werden, welche weiteren Möglichkeiten geschaffen werden
können, stichprobenartig bzw. bei Verdacht die Einhaltung der Regeln zu kontrollieren.
Verpflichtung von Nachunternehmen: Wir streben an, dass die*der Auftragnehmer*in sich
auch für die Erfüllung der Tariftreueregelung durch seine Nachunternehmen verpflichtet.
Darüber hinaus setzen wir uns für eine schnelle Umsetzung eines effektiven
Lieferkettengesetzes auf Bundesebene ein.
Für die Umsetzung unserer sozial-ökologischen Ziele ist es daher wichtig, dass sich die
Landtagsfraktion im Rahmen des Novellierungsprozesses für die o. g. Punkte stark macht
und diese nach Möglichkeit in das Hessische Vergabe- und Tariftreuegesetz einfließen
lässt
LAG GewerkschaftsGrün Hessen, Beschlossen am 13. Oktober 2020
Begründung
Erfolgt mündlich