Veranstaltung: | Digitale Landesmitgliederversammlung |
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Tagesordnungspunkt: | 7. Anträge (ehemals Top 6, entsprechend Anträge 6.1, 6.2, usw) |
Antragsteller*in: | Ortsverband Amöneburg (dort beschlossen am: 16.10.2020) |
Status: | Zurückgezogen |
Eingereicht: | 20.10.2020, 09:56 |
6.3: Grüne Handlungsspielräume in der Regierungsverantwortung offensiv nutzen (Kompromiss: 10 km Bundesstraße statt 30 km A49)
Die Landesmitgliederversammlung möge beschließen:
Deutschland hält viele Verpflichtungen im Bereich Klimaabkommen nicht ein, speziell im
Verkehrsbereich. Die Abholzung von Wald für ein Autobahnprojekt, speziell in einem
europarechtlich geschützten Gebiet mit großer Bedeutung für die Wasserversorgung, steht im
Widerspruch zu diesen Verpflichtungen:
1.) Die hessischen Grünen stellen sich geschlossen hinter den Kompromiss zur A49 (Planfall 2)
und bringen seine Vorteile im Vergleich zum Durchbau der A49 in die öffentliche und politische
Diskussion ein.
2.) Die Landespartei unterstützt den Dannenröder Appell
3.) Die Partei macht öffentlich, dass der Umgang mit den so genannten "zwingenden Gründen des
überwiegend öffentlichen Interesses" (für die Stellungnahme der Europäischen Kommission), die
den Bau durch ein Flora-Fauna-Habitat (Herrenwald) erst ermöglichte, gemessen an demokratischen
Prinzipien, unglücklich bis undemokratisch war. (vgl. Anhang
4.) Der Beginn von Rodungsarbeiten vor Abschluss einer Petition, die sich genau darauf bezieht
(siehe Punkt 3), ist kein guter politischer Stil. 5.) Es muss dringend abgeklärt werden, worin
sich zwingende Gründe, die einen Bau durch ein europäisches Schutzgebiet sowie
Trinkwasserschutzgebiet erlauben, von allgemeinen Gründen für den Bau einer Autobahn
unterscheiden.
Begründung
Wir, Bündnis 90 / die Grünen in Hessen, stehen wie Die Zeit kürzlich so treffend titelt, vor dem Dilemma: Wollen sie regieren oder das Klima schützen? Das Thema A49 spaltet zurzeit nicht nur die grüne Basis, sondern bewirkt auch eine fatale bundesweite Außenwirksamkeit: Die Öffentlichkeit verzweifelt entweder am oder lacht über das Verhalten der hessischen Grünen. Es profitieren andere und sicherlich nicht der Umweltschutz. Kurz gesagt gibt es zwei Lager:
A) Wir wollen die A49 nicht, können aber nichts mehr dagegen tun, also tun wir gar nichts oder
C) Koalitionsbruch. Der hier vorliegende Antrag liegt in der Mitte:
B) Grüne Handlungsspielräume in der Regierungsverantwortung offensiv nutzen
Was spricht für den Durchbau der A49? --> Es besteht Baurecht (Das ist keine inhaltliche Aussage und diese Art und Weise der Argumentation können wir getrost anderen überlassen.)
Die Region ist infrastrukturell mäßig angebunden; betroffene Anwohner leiden:
--> Der Kompromiss (Planfall 2): knapp 10 km Bundesstraße statt: 30 km Autobahn) bedeutet: kein Bau durch ein europäisches Schutzgebiet und ein Trinkwasserschutzgebiet, kein Bau durch den Dannenröder Forst, das Maulbacher Wutholz und gutes Ackerland (s. Anhang 1)
- Er löst sehr gut fast alle Probleme der Region
- er spart hunderte von Millionen Euro Steuergelder
- er wird den Überzeugungen der Grünen gerecht
- er respektiert das erforderliche Umsteuern in Sachen Klimaschutzes und Einhaltung der Klimaabkommen
Die Zahlen für den Kompromiss (Planfall 2) wurde 2009 erhoben. Allerdings wurden sie nicht objektiv interpretiert (s. Anhang 2). Die Grünen müssen, auch um Glaubwürdigkeit zurückzugewinnen, die Vorteile des Kompromisses offensiv vertreten, auch wenn die Hessische Landesregierung es nicht in der Hand hat, ihn alleine umzusetzen. Aber für die bundesweite gesellschaftliche Diskussion ist eine solche Positionierung von großer Bedeutung.
Die sog. zwingenden Gründe des überwiegenden öffentlichen Interesses, die allein einen Bau durch das FFH-Gebiet Herrenwald erlauben, sind mehr als fragwürdig. Sie unterscheiden sich im Gerichtsurteil faktisch nicht von den Gründen, die für den Bau einer Autobahn im Allgemeinen angeführt werden. Zudem sind die konkreten von der EU-Kommission benannten Gründe inzwischen als durchweg falsch widerlegt worden. Eine zustimmende Stellungnahme durch die EU-Kommission hätte deshalb nicht erfolgen dürfen. Diese zwingenden Gemeinwohlbelange werden angeführt:
Die A 49 gehört (wie jede Autobahn die zur Zeit gebaut wird) zum „vordringlichen Bedarf“. (Ein Gericht ist nicht befugt, solche politischen Festlegungen zu hinterfragen.)
Die A49 gehört zum TE(R)N-(Netz) (trans European (road) network). Über 80% der deutschen Autobahnen gehören dazu. Über 50% gehören zudem zum deutschen Kernnetz; die A 49 aber nicht. Die A49 verkürzt die Strecke zwischen Kassel und Frankfurt um 11,5 km. Ein PKW, der 120km fährt "gewinnt" auf der A 49 keine 6 Minuten.
Die A 49 hat eine Entlastungsfunktion.
o Aber die A49 entlastet A5/A7 nicht an den entscheidenden Stellen und verschärft überdies noch die Situation an kritischen Stellen.
o Die Entlastungsfunktion bezieht sich auch auf das untergeordnete Straßennetz (vgl. Anhang 2).
Hier müssen die Grünen den Finger in die Wunde legen, auf Klimaabkommen und die erforderliche Verkehrswende verweisen.
Gerade weil die Grünen in Regierungsverantwortung den Bau der A49 noch schweren Herzens mittragen, müssen sie als Partei klar machen, für welche Ziele sie einstehen.
Wir Grünen müssen uns für eine Kompromisslösung einsetzten, damit sich Partei und Gesellschaft nicht weiter spalten. Der Planfall 2 stellt eine riesige Chance für die Rehabilitation der Grünen, für den öffentlichen Frieden und für unsere Natur dar! Die grüne Basis sollte den hessischen Verkehrsminister dabei unterstützen und dazu ermutigen diesen Handlungsspielraum zu nutzen.